Lean Workplace in der Praxis

Im ersten Artikel dieser Reihe ("Vom Tool-Jungle zum Digitalen Arbeitsplatz") haben wir geklärt, worum es überhaupt geht, wenn wir über den digitalen Arbeitsplatz reden.

Während man neuen Mitarbeitern im Unternehmen früher lediglich erklärte, wie E-Mail und Telefon funktionierten, geht es heute um den digitalen Arbeitsplatz. Es geht um Collaboration & Communication, um Prozesse und Self-Services, um die mittlerweile sogenannte "Employee Experience". Nachdem viele Unternehmen mittlerweile verstanden haben, wie sie Erlebnisse für ihre Kunden schaffen können (Customer Experience), sind jetzt auch die eigenen Mitarbeiter dran.

Und wer sollte am besten wissen, was die Mitarbeiter brauchen? Die einfachste Antwort auf diese Frage wird leider allzu oft verworfen. Vielleicht ist es zu naheliegend, die Nutzer selbst zu fragen. Wahrscheinlich gibt es aber gute Gründe, warum einige wenige denken, diese Frage für die komplette Belegschaft beantworten zu können.

Zurück vor der großen Aufgabe, den besten digitalen Arbeitsplatz zu kreieren, liegt doch die Idee nahe, diesen in Anlehnung an die Lean-Startup-Methode als Produkt zu verstehen. Ein Produkt für die Mitarbeiter, von den Mitarbeitern. Auch hier müssen eigentlich nur Hypothesen aufgestellt, überprüft, und bei positiver Prüfung ausgerollt und kontinuierlich verbessert werden.

Wir nennen das: die Lean-Workplace-Methode.

SCOPING

In der Scoping Phase geht es darum, die Produktidee des Digitalen Arbeitsplatzes zu entwickeln bzw. eine vorhandene weiter zu verdichten. Dafür müssen Gespräche mit einem relevanten Teilnehmerkreis des Unternehmens geführt werden. Das kann in Form von Experteninterviews passieren, oder aber auch in Fokusgruppen-Workshops. Letzteres ist sicher die schnellere Methode. Wir sprechen in dieser Phase kaum über zukünftige Technologien, sondern ermitteln möglichst objektiv die relevantesten Anwendungsfälle und Schmerzpunkte als Grundlage unserer Hypothesen.

Selbstverständlich muss auch das „Vor-Produkt“ analysiert und ein Blick auf den kulturellen Reifegrad des Zielmarkts (des Unternehmens) geworfen werden. Zeitlich muss man für diese Phase ca. mit 8-12 Wochen planen. 

DISCOVERY

Von der Theorie wechseln wir so schnell wie möglich in die Praxis: wir weichen hier ein wenig vom Vorbild der Lean-Startup-Methode ab und bauen keine Prototypen. Bei uns sind MVP's die Minimal Viable Pilots. Aus der Scoping-Phase wissen wir, welche UseCases von den Mitarbeitern am stärksten nachgefragt sind. Diese wurden gemeinsam priorisiert und werden nun als einzelne Piloten umgesetzt. Der Fokus liegt nun darauf, die Mitarbeiter aktiv einzubinden sowie Begeisterungs- und Leistungsmerkmale des neuen digitalen Arbeitsplatzes schnell umzusetzen. Hierbei setzen wir auf Standardtechnologie, die entweder bereits vorhanden ist oder ohne viel Mühen bereitgestellt werden kann. In dieser Phase ist es wichtig, die Pilotgruppen nicht sich selbst zu überlassen, sondern ganz intensiv zu betreuen. Das fängt schon damit an, den Teilnehmern intensiv die Technologie zu erklären und sie dabei zu begleiten, ihre Anwendungsfälle digital zu leben. Wenn möglich sollte die Arbeit produktiv sein und während der normalen Arbeitszeit geleistet werden können, vielleicht sogar schon durch Weglassen der alten Arbeitsweisen. Die Zeit für Feedback ist immens wichtig. Kleine Wünsche zur Erhöhung der Akzeptanz können durch Experten in der Regel schnell erfüllt werden. Aber auch, wenn es größere Schwierigkeiten mit der Nutzung der Technologie im Allgemeinen und mit dem UseCase im Speziellen gibt, ist es wichtig, das Feedback der Mitarbeiter einzusammeln und zu verstehen.

Die Discovery-Phase läuft initial ca. 1-2 Monate, je nach Anzahl und Komplexität der UseCases. Am Ende ist die erste Iteration des digitalen Arbeitsplatzes quasi technologisch ausgewählt und kann in der folgenden Design-Phase zu Ende konzipiert werden.

DESIGN

Während man früher bis zu 12 Monate Konzeption im stillen Kämmerlein nicht selten erlebt hat, ist diese Phase im Lean-Workplace-Konstrukt die Kürzeste, da einerseits die intensive Erprobung schon die wesentlichsten Inhalte der Konzeption geliefert hat und andererseits allen Beteiligten klar ist, dass dies erst der Anfang war und der digitale Arbeitsplatz kontinuierlich weiterentwickelt werden muss. Trotzdem: Einige Eckpfeiler, zum Beispiel zu den Themen Rechte- und Rollenkonzept, Sicherheit und Datenschutz oder auch die Finalisierung der Einführungs- und Change-Begleitung werden hier zu Ende dekliniert.

Der anschließende Go-Live kann sehr unterschiedlich ausfallen: wenn es vornehmlich um neue Formen der Zusammenarbeit geht, werden die bereits laufenden Piloten produktiv weitergeführt und es handelt sich eher um ein Soft Launch. Anders kann es aussehen, wenn viel Wert auf eine neue Art der Unternehmenskommunikation gelegt worden ist und zum Beispiel ein Social Intranet zum Kernelement des digitalen Arbeitsplatzes wird: ein solches Intranet kann sicherlich auch in Wellen, über mehrere Länder unterschiedlich oder mit verschiedenen technologischen Ausbaustufen ausgerollt werden.

LEARNING & GROWTH

Wie auch immer der digitale Arbeitsplatz geprägt ist, wird ab jetzt viel gelernt: waren die identifizierten Anwendungsfälle wirklich die wichtigsten? Ist uns die Umsetzung ausreichend gut gelungen? Haben wir etwas wesentliches vergessen und können wir das schnell nachbessern? Die ersten Wochen des neuen Produkts sind die wichtigsten. Das Feedback des Marktes (der Mitarbeiter) kann gnadenlos sein. Jetzt muss man stark bleiben und nicht aufhören zu lernen sowie sein Produkt weiter zu verbessern.

Mit der Zeit werden auch neue Dinge dazu kommen: neue Anwendungsfälle, die das veränderte Business nachfragt, sollen umgesetzt werden. Vielleicht ist ihr Unternehmen auch in neue Länder expandiert, die aufgenommen werden müssen oder es steht die Integration weiterer Unternehmensportale an, die vom Mitarbeiter über das Social Intranet angesteuert werden sollen.

Ihr Produkt Digitaler Arbeitsplatz entwickelt sich weiter und steht nie still.

Fortsetzung der Reihe:

Drei Visionen des Digital Workplace im Vergleich

 

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