"Nutzer schreibt..." - die Denkpause eines Chatbots

Mimen Sie auch beim Lesen der Chatbot-Antwort gedanklich eine Roboterstimme nach? Oder ist der Bot ist für Sie ein Mittel zum Zweck, ein beliebiges Stück Technik, nicht mehr und nicht weniger? Was genau ist es, was uns das Gegenüber als menschliches, oder zumindest im entferntesten soziales Konstrukt verständlich macht?

Name und Gesicht für die Maschine...

Der dargestellte Gesprächsverlauf gibt uns erste Anhaltspunkte zur Identifikation eines Chatsbots als sozialen Gesprächspartner. Fangen wir mit dem Offensichtlichen an: dem Namen. Nicht ohne Grund geben große Technologieunternehmen ihren smarten Conversational Agenten aktuell Namen wie Siri, Alexa, Cortana oder Watson. Der Name des Interaktionspartners gibt uns den ersten Anhaltspunkt, um unseren unterbewussten Steckbrief über den Gegenüber auszufüllen. Er liefert uns sozusagen die Überschrift für ein bislang unbeschrieben Blatt. 

Und Personen, die sich partout keine Namen merken können? Die merken sich meist Gesichter. In noch wenigen Fällen, aber immer öfter vorkommend, erhalten Bots eine visuelle Komponente ihrer Persona. Bei einem Chatbot kommt das Gesicht meist in Form eines Avatars daher. Klasse! Nun haben wir auch ein Gesicht zu dem Namen, ist es dann auch noch ein freundlich lächelndes, umso besser!

...aber reicht das?

Was noch beeinflusst unsere Kommunikation über den rein verbalen Aspekt hinaus? Kann ein Chatbot unsere Wahrnehmung über nonverbale Kommunikation wie Lächeln, Körpersprache oder Mimik beeinflussen? Wohl eher nicht, diese Eigenschaften sind vorerst zukünftigen Generation von Assistenzsystemen vorbehalten. Beschränken wir unsere Betrachtung auf Chatbots in Form von schriftlicher Kommunikation, entfällt dann auch noch die Möglichkeit, eine unterschwellige Kommunikation über die Stimmfarbe und -lage zu ermöglichen.

Was bleibt uns also, bis auf ein paar Smileys im Antworttext und etwas Smalltalk? Natürlich, der Einsatz von Smiley und Smalltalk hat einen maßgeblichen Effekt auf die Wahrnehmung des Conversational Agenten, das Thema verdient allerdings eine eigene, eingehende Betrachtung.

Wozu dieses ganze Hin und Her an dieser Stelle? Nun, wir wollen auf eine kleine, oft nicht einmal beachtete Feinheit des Chattens hinaus.

Durchdachte Details machen den Unterschied

Was müssen wir zwangsläufig, wenn der Kommunikationspartner auf unsere Nachricht antwortet? Richtig, warten! Schreibt der Andere im Gespräch einen Text, müssen wir - abhängig von Länge und Schwierigkeit des Textes - mal mehr und mal weniger viel Zeit bis zur erwarteten Antwort aufbringen.

 

In der kürzlich erschienenen Publikation "Soziotechnische Gestaltung von Chatbots" von Ulrich Gnewuch und Stefan Morana am Karlsruhe Institute of Technology (das gesamte Paper gibt es hier) stellt sich heraus, dass das soziale Signal der Antwortgeschwindigkeit eine wichtige Rolle bei der Beurteilung eines Chatbots spielt. Nicht nur kommt uns der Chatbot menschlicher vor, wenn er für das Antworten eines langen Textes mehr Zeit benötigt, auch bekommen wir das Gefühl, dass da jemand am anderen Ende "nachdenkt". Wir sprechen also einer Antwort mehr Qualität zu, wenn wir eine kurze Zeit darauf warten müssen und das Gefühl haben, jemand hätte sich darüber wirklich den Kopf zerbrochen.

 

Klar, ist dieser Aspekt nur ein kleines Rädchen in einem großen Getriebe, wenn es um das Vertrauen und die Nutzerzufriedenheit mit Bots geht, aber wie es in Getrieben nun mal ist: alle Zahnräder müssen nahtlos ineinandergreifen, damit das große Ganze funktionieren kann. Was uns die aktuelle Wissenschaft mit Erkenntnissen wie die über die Antwortverzögerung zeigt: es geht beim Gestalten eines Chatbots nicht nur um eine hochpotente NLU und einen ausgefeilten Botcontroller, nein es geht darüber hinaus im Wesentlichen darum, wie wir als Menschen in soziale Interaktion treten und welche Parameter unser Gefühl über den Gegenüber beeinflussen. Um die Maschine von der Maschine abzugrenzen, bedarf einer ausgefeilten Persönlichkeit - einer Bot-Persönlichkeit! (hierzu aber später mehr) 

 

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